America House: Der amerikanische Traum der Luxemburger

Camille Ecormieravatar

Am 26/05/2025, von Camille Ecormier veröffentlicht

Couverture article blog (2)

Auch wenn Luxemburg heute mit einem Ausländeranteil von fast 47,4 % als klassisches Einwanderungsland gilt, war das nicht immer so. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert kehrten viele Luxemburger ihrem Heimatland den Rücken, in der Hoffnung auf ein besseres Leben, häufig in Richtung der Vereinigten Staaten.



Aufbruch ins Unbekannte: das America House


Bevor Luxemburg durch den Aufschwung der Stahlindustrie geprägt wurde, war das Land überwiegend landwirtschaftlich orientiert. Rund 80 % der Erwerbsbevölkerung arbeiteten in der Landwirtschaft. Armut war weit verbreitet, Ressourcen knapp und Hungersnöte keine Seltenheit. In dieser schwierigen Zeit wagten viele Luxemburger den Schritt in eine ungewisse, aber hoffnungsvollere Zukunft, fernab der Heimat.


Der erste Schritt in dieses neue Leben begann häufig am 34, rue Notre-Dame in Luxemburg-Stadt. Hier befand sich das „America House“, ein markantes Gebäude, gekrönt von einem mächtigen Adler, der auf einer drei Meter hohen Säule thronte. In diesem Haus war die Auswanderungsagentur Derulle-Wigreux untergebracht, die eng mit der Reederei Red Star Line zusammenarbeitete, einer Spezialistin für transatlantische Überfahrten.


Ausreisewillige Luxemburger registrierten sich hier, bevor sie ihre Reise mit dem Schiff in Richtung Amerika antraten. Mit Segelschiffen dauerte die Überfahrt zwei bis drei Monate, mit Dampfschiffen verkürzte sich die Reisezeit auf lediglich zwei bis drei Wochen.


America House, 34 rue Notre-Dame


Die erste große Auswanderungswelle von Luxemburg in die USA fand zwischen 1830 und 1845 statt. Die meisten kamen über Häfen wie New Orleans, New York oder Maryland an, bevor sie sich in Staaten wie Ohio oder im Westen des Bundesstaats New York niederließen.



Zahlen mit begrenzter Aussagekraft


Wie viele Luxemburger letztlich in die Vereinigten Staaten ausgewandert sind, bleibt bis heute umstritten. Manche sprechen von über 70.000 Personen, andere weisen darauf hin, dass viele Luxemburger auch nach Frankreich (vor allem nach Lothringen, in die Champagne oder in die Pariser Vororte) oder in Nachbarländer zogen, und diese Zahlen oft undifferenziert in den Gesamtstatistiken auftauchen.


Laut dem Nationalen Register natürlicher Personen (RNPP) lebten am 31. März 2023 genau 13.474 Luxemburger in den Vereinigten Staaten.



Wenn Geschichte weiterlebt


Unabhängig von den Zahlen: Die luxemburgischen Wurzeln sind in den USA auch heute noch spürbar. Institutionen wie die Luxembourg American Cultural Society & Center, gelegen in Belgium, Wisconsin (ja, die Stadt heißt wirklich „Belgien“), bewahren und feiern dieses Erbe. Auch Vereinigungen wie die Luxembourg Brotherhood of America, gegründet 1887 in Chicago, veranstalten regelmäßig Events (oft mit einem gut gekühlten Bofferding 😉)!


Luxembourg American Cultural Center (©Travel Wisconsin)


Viele Auswanderer und ihre Nachfahren haben ein dauerhaftes Erbe hinterlassen. Zu den bekanntesten Persönlichkeiten zählen:


  • Edward Steichen, visionärer Fotograf und Direktor des MoMA in New York;
  • Hugo Gernsback, Erfinder des Begriffs „Science-Fiction“ und Pionier des Genres;
  • Nicholas Muller, Abgeordneter im Repräsentantenhaus des Staates New York;
  • Nicolas Gonner, der 1866 auswanderte und die Luxemburger Gazette in Dubuque, Iowa gründete: eine bedeutende Stimme für die luxemburgische Community.



Die Geschichte der luxemburgischen Auswanderung in die USA ist ein oft übersehener, aber bedeutender Teil der nationalen Identität. Vom America House im Herzen Luxemburgs bis hin zu den weiten Ebenen des amerikanischen Mittleren Westens: diese Reise prägt noch heute viele Familiengeschichten.



Entdecken Sie mehr über die Geschichte Luxemburgs auf unserem Blog!

Hat es Ihnen gefallen? Lassen Sie es uns wissen!

Teilen auf